27. Mai bis 14. Juni 2024
Von Christian Steiner, Fraktionssekretär
Weg mit dem Speck
Im Jahr 1476 trauten die Eidgenossen ihren Augen nicht. Im Städtchen Grandson hatten sie Karl der Kühne zum zweiten Mal geschlagen und einen Schatz erbeutet, der seither selbst zur Legende geworden ist. Die Soldaten stritten sich um die Beute, schmolzen vieles ein oder erkannten den wahren Wert der Schmuckstücke nicht, weil sie schlicht nicht wussten, dass es so etwas gab. Mit einer solchen «Burgunderbeute» kann Finanzministerin Karin Keller-Sutter leider nicht rechnen. Hingegen wachsen hierzulande nur die Ansprüche an den Bundeshaushalt. Keine Wohltat scheint dem Parlament zu unwichtig, um noch ein bisschen Geld zu sprechen. Von Subsidiarität und Vernunft ist nichts zu spüren. Das bringt den Bund in einen Zielkonflikt. Woher soll er das Geld nehmen, um seine Aufgaben zu finanzieren? Neue Schulden sind der falsche Weg. Das kann man derzeit in Europa oder in den USA beobachten. In Frankreich muss der Staat bereits mehr Geld für den Schuldendienst ausgeben als für Bildung. Auch neue Steuern schaden dem Land und mindern den Arbeitsanreiz oder führen dazu, dass Unternehmen abwandern. Und auch die Schaffung sogenannter «Spezialfonds» à la Mitte-Links, die nur dazu dienen, die Schuldenbremse auszuhebeln, bürdet künftigen Generationen Lasten auf und schadet dem Land. Bleibt das Sparen. Das kann aber auch eine Chance sein, überflüssigen Ballast abzuwerfen und sich die wichtigste Frage zu stellen: Braucht das Land dieses oder jenes oder ist es auf Neudeutsch: Bloss nice to have. Wie die FDP das erreichen will, lesen Sie im Sessionsbericht.
1 Stände- und Nationalrat erachten EGMR-Urteil als für die Schweiz erfüllt
Die FDP hat entschlossen auf das umstrittene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall der «Klimaseniorinnen» reagiert. Dieses Urteil hat weitreichende Diskussionen ausgelöst, da es die Kompetenzen des EGMR überschreitet und die demokratischen Entscheidungsprozesse der Schweiz missachtet. Die FDP bekräftigt ihre Unterstützung für den EGMR, verurteilt jedoch dessen aktivistische Rechtsprechung.
Die FDP unterstützt auch die Erklärung des Stände- und Nationalrats zum EGMR-Urteil. Diese Erklärung betont, dass die Schweiz ihre Verpflichtungen durch das neue CO2-Gesetz und weitere Massnahmen bereits erfüllt hat und dem Urteil keine weiteren Folgen zu geben sind. Somit wird klargestellt, dass die Schweiz bereits ausreichende Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen hat. Die Partei setzt sich für eine konstruktive Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen ein, betont jedoch die Notwendigkeit klarer Leitlinien, um die Kompetenzen dieser Institutionen zu begrenzen und ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren.
Ständerat Andrea Caroni hat zwei zentrale Vorstösse eingereicht, die von grosser Bedeutung sind. Zum einen fordert er den Bundesrat auf, zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) Massnahmen zu ergreifen, um den EGMR an seine Kernaufgaben zu erinnern. Diese beinhalten den Schutz des Einzelnen vor staatlichen Übergriffen. Caroni betont, dass der EGMR keine ideellen Verbandsbeschwerden zulassen und den Ermessensspielraum der Staaten nicht durch weitreichende Auslegungen einschränken sollte. Hierzu soll ein verbindliches 17. Protokoll zur EMRK ausgehandelt werden, das dem EGMR klare Leitplanken setzt. Ein weiterer Vorstoss Caronis zielt darauf ab, dass künftig das Parlament und nicht mehr der Bundesrat die Kandidaturen für den Schweizer Sitz am EGMR vorschlägt. Dies würde die nationale Legitimation der Schweizer Mitglieder am EGMR stärken und die demokratische Kontrolle über deren Ernennung verbessern.
2 FDP setzt sich für gesunde Bundesfinanzen ein
Die finanziellen Aussichten des Bundes sind düster. Es droht ein strukturelles Defizit in Milliardenhöhe, das stark ansteigen wird. Dies ist beunruhigend, da das Erfolgsmodell Schweiz auf gesunden Finanzen und der zwingenden Einhaltung der Schuldenbremse basiert. Die Schuldenbremse sorgt für eine nachhaltige Finanzpolitik und damit für Stabilität. Eine erste Bewährungsprobe hat der Ständerat bestanden, indem er den Kuhhandel der Mitte mit der SP verhindert hat. Mitte-Links wollte die Schuldenbremse aushebeln und einen Fonds für die Ukraine und die Armee schaffen.
Vor diesem Hintergrund lancierte die FDP im Zuge der Sommersession zwei parlamentarische Vorstösse und gestaltet somit die Debatte um die Bundesfinanzen massgeblich mit. Ein erster Vorstoss verlangt vom Bundesrat, einen Bericht über Massnahmen zur Gegenfinanzierung kostenintensiver Vorlagen auszuarbeiten. Damit sollen Ausgabenwünsche präventiv eingedämmt sowie das finanzpolitische Verständnis von Parlament und Volk gefördert werden. Der zweite Vorstoss fordert den Bundesrat auf, mögliche Mechanismen aufzuzeigen, wie der Bundesbeitrag an die AHV anders bemessen werden könnte als mit einem fixierten Prozentsatz der Kosten. Ein Systemwechsel würde sicherstellen, dass die Ausgaben des Bundes für die AHV nicht stärker wachsen als die Einnahmen. Denkbar wäre eine Koppelung des Bundesbeitrags an die Entwicklung der Mehrwertsteuereinnahmen oder andere Indikatoren.
3 Stimmbevölkerung durchschaut Folgekosten der Gesundheitsinitiativen
Mit dem Nein zur Prämien-Initiative haben die Schweizerinnen und Schweizer ein klares Zeichen gesetzt: Die vielbeschworene sozialpolitische Wende, die nach der Annahme der 13. AHV-Revision vor allem in den Medien angekündigt wurde, findet vorerst nicht statt. Dank der «2xNEIN-Kampagne» unter Federführung der FDP, der zu Beginn des Abstimmungskampfes nur bescheidene Erfolgschancen vorausgesagt worden waren, konnte das milliardenteure Vorhaben von SP und Gewerkschaften deutlich abgelehnt und der Mittelstand geschont werden.
Echte liberale Lösungen statt nutzlose Marketing-Vehikel
Noch deutlicher wurde die Kostenbremse-Initiative der Mitte abgelehnt, die von Anfang an als reines Marketinginstrument konzipiert war. Statt billigem Populismus auf dem Rücken eines ganzen Berufsstandes (Pflegende, Ärztinnen und Ärzte…), die 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr an vorderster Front für uns da sind, wenn es uns nicht gut geht, braucht es konkrete Vorschläge zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Der Handlungsbedarf bleibt gross und die Politik ist gefordert – dies hat FDP-Präsident Thierry Burkart noch am Abstimmungssonntag klar zum Ausdruck gebracht.
Aus diesem Grund haben unsere Gesundheitspolitiker in den vergangenen Monaten intensiv gearbeitet und verschiedene Forderungen auf den Weg gebracht: So fordern wir bspw. die Einführung einer Budget-Krankenkasse, um die Wahlfreiheit der Patienten und den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern zu stärken. Ein Element der Budget-Krankenkasse sind die Mehrjahresverträge, bei denen wir während der abgelaufenen Sommersession einen Erfolg feiern konnten: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Motion der SGK-N, die von der FDP eingereicht worden war, zugestimmt. Damit wird künftig mehr in die Prävention investiert und ein erster Mosaikstein auf dem Weg zu einer Budget- Krankenkasse ist gesetzt. Seien Sie versichert, geschätzte Leserinnen und Leser: Die FDP bleibt am Ball.
Nebst der Ablehnung der Gesundheitsinitiativen, wurde das Stromgesetz angenommen und die Initiative für körperliche Unversehrtheit abgelehnt. Beide Volksentscheide fielen im Sinne der FDP aus und machten den Abstimmungssonntag zu einem Vollerfolg für die FDP.
4 Härtere Asylpolitik mit Eritrea im Fokus
Die FDP hat entscheidende Schritte unternommen, um das Schweizer Asylsystem zu stärken. Ein Höhepunkt war die Annahme im National- und Ständerat von drei Motionen zur Verbesserung der Asylsituation. Die Motion von Ständerätin Petra Gössi fordert den Bundesrat auf, ein Transitabkommen mit einem Drittland abzuschliessen, um abgewiesene eritreische Asylsuchende zunächst in ein Drittland und von dort aus zurück nach Eritrea zu bringen. Die Motion fand breite Unterstützung im Parlament und setzt ein klares Signal: Die Schweiz wird nicht als Endziel für abgelehnte Asylsuchende dienen. Nationalrat Christian Wasserfallen betonte die Notwendigkeit dieser «kleinen Offensive», um der Bevölkerung zu zeigen, dass die Schweiz entschlossen handelt. Petra Gössi erläuterte, dass das Abkommen auch abschreckend wirken soll, um potenzielle Asylsuchende davon abzuhalten, die gefährliche Reise über das Mittelmeer anzutreten. Die Suche nach einem Transitland ist im Gange, und die FDP zeigt, dass mit Entschlossenheit und innovativen Ansätzen Fortschritte erzielt werden können. Ebenso wichtig ist die Annahme der Motion von Ständerat Andrea Caroni, die Massnahmen gegen Ausländer fordert, die gewaltsam das Regime unterstützen, vor dem sie angeblich geflohen sind. Diese Initiative zielt darauf ab, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und den Missbrauch des Asylsystems zu verhindern. Caroni betont, dass Personen, die in der Schweiz Zuflucht suchen, nicht gleichzeitig gewaltsam für das Regime auftreten können, von dem sie geflohen sind. Ergänzend wurde die Motion des ehemaligen Ständerats Philippe Bauer angenommen, die eine Überprüfung und Anpassung von Migrationspartnerschaften fordert, um Rückführungen effizienter zu gestalten. Die Partei beweist, dass sie schwierige Themen anpackt und pragmatische Lösungen entwickelt, um die Integrität des Schweizer Asylsystems zu bewahren.
5 Mehr Wohnungen in den Städten
In der Schweiz wird zu wenig gebaut. Oft scheitern Projekte am Lärmschutz. Dies ist vor allem in den Städten der Fall. Sollen alte Liegenschaften renoviert oder aufgestockt werden, geht das nicht, weil sie an zu lauten Strassen liegen. Das liegt auch an der Auslegung der Gerichte, die nicht sehen wollen, dass es moderne Fenster und Lüftungen gibt. Dank diesen sind die Bewohner gut vor Lärm geschützt. Dieses Problem will das Parlament mit einer Änderung des Umweltschutzgesetzes lösen, damit endlich wieder mehr gebaut werden kann. So sollen Wohnbauprojekte in Gebieten, in denen die Lärm-Immissionsgrenzwerte überschritten werden, bewilligt werden können, wenn in den Wohnungen eine kontrollierte Wohnraumlüftung eingebaut wird. Dies soll auch möglich sein, wenn alternativ pro Wohneinheit mindestens die Hälfte der lärmempfindlichen Räume über ruhige Fenster verfügt. Dies hat der Ständerat in zweiter Beratung beschlossen. Die kleine Kammer will den Wohnungsbau in den betroffenen Gebieten auch dann zulassen, wenn in jeder Wohneinheit mindestens ein lärmempfindlicher Raum über ein ruhiges Fenster verfügt und ein ruhiger, privat nutzbarer Aussenraum vorhanden ist. Im Weiteren hat der Ständerat die Vorlage entschlackt. Die Revision geht nun zur Bereinigung der verbleibenden Differenzen an den Nationalrat zurück.
6 Höhere Gebühren für ausländische Studenten
Die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und die Universitäten erhalten zwischen 2025 und 2028 zusätzliche 152 Millionen Franken, nachdem der Nationalrat beschlossen hat, die Mittel für Bildung und Forschung zu erhöhen. Dieser Entscheid erfolgte nach heftiger Kritik der betroffenen Institutionen, an den ursprünglich vom Bundesrat vorgesehenen Budgetkürzungen. Als Reaktion darauf nahm das Parlament nicht nur eine Kürzung von 100 Millionen Franken bei den ETH zurück, sondern stimmte auch einer Verdreifachung der Studiengebühren für ausländische Studierende zu, um diesen Institutionen mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
7 Sicherheit hat Priorität
Der Ständerat hat einer deutlichen Erhöhung des Zahlungsrahmens für die Armee für die Jahre 2025 bis 2028 um 4 Milliarden Franken auf insgesamt 29,8 Milliarden Franken zugestimmt. Ursprünglich hatte der Bundesrat für diesen Zeitraum einen Zahlungsrahmen von 25,8 Milliarden Franken beantragt. Folgt das Parlament diesem Wachstumspfad, kann das Armeebudget bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden. Die Befürworter erinnerten daran, dass die meisten Nachbarländer ihre Militärausgaben erhöhen und die NATO sogar 2 Prozent des BIP empfiehlt.
Der Ständerat hat aber auch Weitsicht bewiesen. Ein in letzter Minute eingereichter Antrag von FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann (GL) wurde angenommen. Dieser sieht vor, die zusätzlichen 4 Milliarden durch Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit (50 Prozent) zu kompensieren, die andere Hälfte durch Sparvorgaben im eigenen Bereich des VBS. Mit diesem Entscheid markiert die Schweiz einen Wendepunkt in ihrer Verteidigungspolitik und gibt der nationalen Sicherheit mehr Gewicht.
8 Kartellgesetz: Dämpfer im Ständerat
Bei einer Revision des Kartellgesetzes würde man eine technische Angelegenheit erwarten. Die erstmalige Beratung der Vorlage im Ständerat bot aber eine lebendige Debatte. Immerhin «operieren wir am offenen Herzen unserer freien Wettbewerbsordnung», wie es FDP-Ständerat Andrea Caroni in einem Votum ausdrückte.
Die vom Bundesrat vorgelegte Änderung des Kartellgesetzes umfasst die Stärkung des Kartellzivilrechts, die Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle und ein besseres Widerspruchsrecht. Umstritten war im Ständerat aber insbesondere der Begriff der «erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigung». Leider sprach sich die Mehrheit des Ständerates dagegen aus, dass qualitative und quantitative Kriterien bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden und darüber hinaus die Schädlichkeit einer Wettbewerbsabrede im konkreten Fall berücksichtigt werden.
Die Vorlage kommt nun in den Nationalrat und wird dort noch einiges zu reden geben.
9 Fairness für Unternehmerinnen und Unternehmer
Der Nationalrat hat beschlossen, dass Unternehmerinnen und Unternehmer, die jeden Monat in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, im Falle einer Arbeitslosigkeit auch eine Entschädigung erhalten sollen. Heute ist dies aufgrund verschiedener Hürden, die nur in langwierigen Prozessen überwunden werden können, nicht der Fall. Die wichtige Reform wurde im Jahr 2020 von FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt angestossen und hat während der Sommersession – trotz des Widerstandes des Bundesrates - eine erste wichtige Hürde genommen. Als nächstes geht der Gesetzesentwurf in die zuständige Kommission des Ständerates und danach in die kleine Kammer.
10 Bundesversammlung (VBV)
PAG. Bundesgericht. Wahl eines nebenamtlichen Richters oder einer nebenamtlichen Richterin
Da nur wenige geeignete Bewerbungen eingegangen sind, hat die Kommission auf Antrag ihrer Subkommission beschlossen, die Stelle eines nebenamtlichen Richters oder einer nebenamtlichen Richterin mit Hauptsprache Italienisch im Hinblick auf eine Wahl in der Herbstsession neu auszuschreiben.
PAG. Bundesgericht. Wahl von drei ordentlichen Richtern / Richterinnen
Die Bundesversammlung wählt Sandra Wohlhauser (SP, f), Patrick Guidon (SVP, d) und Christian Josi (SVP, d) als Nachfolge der ordentlichen Richterinnen Fabienne Hohl und Monique Jametti und des ordentlichen Richters Nicolas von Werdt, die am 31. Dezember 2024 in den Ruhestand treten, als ordentliche Richterin bzw. Richter ans Bundesgericht.
Die drei empfohlenen Personen verfügen über eine fundierte juristische Ausbildung und sind derzeit als Richterin bzw. Richter an kantonalen Obergerichten tätig.
11 Vorstösse der FDP-Liberale Fraktion
24.3528 Po. Fraktion RL (Sprecher: NR Simon Michel). Wert der Bilateralen Verträge für die Schweiz
Text
Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen und Bericht zu erstatten, welche Auswirkungen ein schrittweiser Wegfall der bestehenden Bilateralen Verträge für die Schweiz mittel- bis langfristig hätten. Es sollen auch die monetären Effekte auf Steuereinnahmen und die Sozialwerke aufgezeigt werden. Dabei sollen insbesondere die Marktzugangsabkommen, aber auch wichtige Kooperationsvereinbarungen, berücksichtigt werden. Der Bundesrat wird weiter angehalten, Chancen und Risiken der Stabilisierung und Weiterentwicklung der Bilateralen Verträge (Bilaterale III) aufzuzeigen.
Begründung
Im Jahr 2015 haben die zwei unabhängigen Forschungsinstitute BAKBASEL und Ecoplan im Auftrag des Bundesrates die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I analysiert. Grund hierfür war die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative vom 09. Februar 2014. Die Studien zeigten, dass ein solcher Wegfall zu einem deutlich schwächeren Wirtschaftswachstum in der Schweiz führen würde. Die Kontingentierung der Zuwanderung würde das Arbeitsangebot verringern und die Kosten der Arbeitskräfterekrutierung erhöhen. Der Wegfall der weiteren Marktzugangsabkommen würde zu neuen Handelsbarrieren führen und den Marktzugang einschränken. Die Schweizer Wettbewerbsfähigkeit würde sich dadurch verschlechtern, was sich negativ auf den Aussenhandel auswirken und den inländischen Wettbewerb bremsen würde. Hinzu kämen Einbussen, wie der Verlust an Rechtssicherheit und die Minderung der Standortattraktivität.
Seit der Publikation der beiden Studien im Jahr 2015 hat sich die Ausgangslage für die Exportnation Schweiz stark verändert: Der weltweit zunehmende Protektionismus, der Subventionswettlauf in der Industriepolitik, der Unterbruch von Lieferketten, die Pandemie, der Stromengpass in Europa, die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China sowie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der Krieg im Nahen Osten sind alles Themen, welche für die Exportnation Schweiz grosse Herausforderungen darstellen. Aus diesem Grund ist es angezeigt, dass der Bundesrat eine aktualisierte Studie zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Bilateralen Wegs unter Berücksichtigung jüngster internationaler Entwicklungen verfassen lässt.
24.3704 Po. Fraktion RL (Sprecher: NR Alex Farinelli). Neue Ausgaben müssen gegenfinanziert werden
Text:
Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über Massnahmen zur Gegenfinanzierung kostenintensiver Vorlagen auszuarbeiten. Dieser Bericht soll Möglichkeiten aufzeigen, wie langfristige und nachhaltige Lösungen erarbeitet werden können, um die Ausgabenproblematik zu entschärfen und damit den Bundeshaushalt nachhaltig zu stabilisieren. Der Bundesrat soll insbesondere prüfen, ob kostenintensive Vorlagen (Gesetze oder Initiativen) zwingend eine klare Gegenfinanzierung ausweisen müssen, wo ein angemessener Schwellenwert liegt und zu welchem Zeitpunkt eine solche Prüfung Sinn ergibt
Begründung:
Die Bundesausgaben wachsen stetig. Um dieses Wachstum zu bremsen und die Schuldenbremse einzuhalten, soll die Integration der Gegenfinanzierung in die Vorlagen geprüft werden. Damit sollen einerseits neue Ausgabenwünsche präventiv eingedämmt und Prioritäten für neue Ausgaben gesetzt werden. Andererseits sollen Parlament und Volk über kostenintensive Vorlagen, insbesondere solche mit erheblichen Mindereinnahmen für den Bund, in Kenntnis der Gegenfinanzierung und ihrer Auswirkungen entscheiden können. Dies trägt wesentlich zur Förderung des finanzpolitischen Verständnisses bei. Der Zeitpunkt der Information über die Gegenfinanzierung in der Entstehungsphase eines Rechtsetzungsvorhabens (Gesetzgebungsauftrag, Projektplanung, Normkonzept usw.) ist entscheidend, damit sie ihre maximale Wirkung entfalten kann. Die Regelung der Finanzierung der Kosten für die Erfüllung neuer Aufgaben des Bundes muss zudem effizient ausgestaltet werden, damit sie ihre Wirkung entfalten kann. Der Bericht soll klare Kriterien dafür erarbeiten, wie eine Gegenfinanzierung offengelegt werden müsste. Z.B. sind „Sparbemühungen“ keine konkrete Gegenfinanzierung und eine solche abstrakte Aussage wäre wohl nicht griffig. Zudem ist es wichtig, dass der Bundesrat in seinen Botschaften und Berichten klarer auf die Finanzierung der Kosten von Vorlagen eingeht. Es ist zu prüfen, ob z.B. die Regulierungsfolgenabschätzungen ihre volle Wirkung entfalten, ob der Bundesrat hier Verbesserungsmöglichkeiten sieht und ob z.B. eine Präzisierung von Art. 141 Abs. 2 lit. f ParlG angezeigt ist. Schliesslich soll der Bundesrat prüfen, ob die Gültigkeit von Volksinitiativen davon abhängig gemacht werden soll, dass im Initiativtext oder im Anhang die Finanzierung der Kosten geregelt wird.
12 Schlussabstimmungen
Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Sommersession abgeschlossen. 14 Vorlagen sind parlamentarisch unter Dach und Fach:
- mit 198 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 44 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) Änderungen im Zivilgesetzbuch zum Schutz von Minderjährigen vor Zwangsheiraten und sogenannten Sommerferien-Heiraten. Neu können Gerichte Ehen bis zum 25. Lebensjahr eines minderjährig verheirateten Ehepartners für ungültig erklären;
- mit 132 zu 66 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 33 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Ausländergesetz, mit denen ausländische Opfer von häuslicher Gewalt und deren Kinder als Härtefall gelten und somit die Aufenthaltsbewilligung nicht verlieren, wenn sie eine gewalttätige Beziehung aufgeben;
- mit 135 zu 63 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 41 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) Änderungen im Jugendstrafrecht. Neu können junge Menschen, die als Minderjährige nach dem 16. Geburtstag einen Mord begangen haben, als Ultima Ratio verwahrt werden;
- mit 198 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) eine Anpassung im Krankenversicherungsgesetz, die es erlaubt, Versicherte im Ausland in den Risikoausgleich zwischen den Kassen einzubeziehen. Betroffen sind namentlich Grenzgänger und Grenzgängerinnen;
- mit 197 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz. Das Bonus-Malus-System für Arbeitslosenkassen wird angepasst, und es gibt unter anderem mehr Möglichkeiten für die Teilnahme an Berufspraktika;
- mit 196 zu 1 Stimme bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) ein Zusatzabkommen zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich, das die Besteuerung der Telearbeit von Grenzgängern und Grenzgängerinnen aus dem Nachbarland regelt;
- mit 195 zu 1 Stimme bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) Rechtsgrundlagen für die Besteuerung der Einkommen von Grenzgängern, die im Homeoffice arbeiten. Das Gesetz legt lediglich einen Rahmen fest, entscheidend sind Staatsverträge mit den Wohnsitzstaaten der Betroffenen;
- mit 198 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) die gesetzlichen Grundlagen für die seit dreizehn Jahren bestehende Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft Sifem des Bundes. Heute ist sie lediglich in einer Verordnung erwähnt;
- mit 198 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) neue Regelungen für den grenzüberschreitenden Güterverkehr auf der Strasse. Grund für die Revision des Gesetzes über die Zulassung als Strassentransportunternehmen waren neue Regelungen in der EU;
- mit 132 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 44 zu 1 Stimme bei 0 Enthaltungen (Ständerat) eine Änderung im Erwerbsersatzgesetz. Armeeangehörige sowie Zivilschutz- und Zivildienstleistende können damit ihre Anmeldungen für Erwerbsersatzleistungen ab 2026 digital einreichen;
- mit 145 zu 45 Stimmen bei 7 Enthaltungen (Nationalrat) und 44 zu 1 Stimme bei 0 Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Doppelbesteuerungsabkommen mit Slowenien. Damit werden die Mindeststandards der OECD aus dem Beps-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) umgesetzt:
- mit 195 zu 3 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) den Austausch von Daten zu gesperrten Personen im Bereich Geldspiele zwischen der Schweiz und Liechtenstein:
- mit 197 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 44 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) eine Änderung des Zivilgesetzbuches, das patronalen Wohlfahrtsfonds mehr Freiheit für die Gewährung von Leistungen in der Prävention gibt;
- mit 197 zu 1 Stimme bei 0 Enthaltungen (Nationalrat) und 45 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen (Ständerat) eine Anpassung der Parlamentsverordnung. Damit müssen die Direktübertragungen der Debatten der eidgenössischen Räte künftig live untertitelt werden, damit Menschen mit Hörbehinderung sie mitverfolgen können.
Keine Änderungen im Strafgesetzbuch
Im Nationalrat gescheitert sind Änderungen im Strafgesetzbuch, mit denen die Regelungen für verwahrte Personen angepasst werden sollten. Die grosse Kammer lehnte die Vorlage mit 69 gegen 129 Stimmen ab, der Ständerat hingegen sagte mit 41 zu 3 Stimmen Ja. Unter anderem hätten mit der Anpassung Verwahrte im geschlossenen Vollzug nicht mehr unbegleitet in den Urlaub gehen dürfen.
Ausser den Änderungen in der Parlamentsverordnung unterstehen alle Beschlüsse dem fakultativen Referendum. Ein Referendum ist bisher zu keiner der Vorlagen ein Thema gewesen.
Titelbild: Photo by Hansjörg Keller on Unsplash